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   BVerfG, 07.04.2022 - 2 BvR 2194/21   

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BVerfG, 07.04.2022 - 2 BvR 2194/21 (https://dejure.org/2022,9375)
BVerfG, Entscheidung vom 07.04.2022 - 2 BvR 2194/21 (https://dejure.org/2022,9375)
BVerfG, Entscheidung vom 07. April 2022 - 2 BvR 2194/21 (https://dejure.org/2022,9375)
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Volltextveröffentlichungen (9)

  • HRR Strafrecht

    Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 101 Ab... s. 1 Satz 1 GG; Art. 103 Abs. 2 GG; § 90 Abs. 2 BVerfGG; § 2 Abs. 5 StGB; § 73e Abs. 1 Satz 2 StGB; Art. 316j Nr. 1 EGStGB; § 47 AO; § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO; § 375a AO a. F.
    Strafrechtliche Vermögensabschöpfung trotz steuerrechtlicher Verjährung (Einziehung bei Steuerhinterziehung großen Ausmaßes durch sogenannte Cum-Ex-Geschäfte; Erlöschen der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis durch Verjährung; Eigenständigkeit der Einziehung ...

  • openjur.de
  • Bundesverfassungsgericht

    Verfassungsbeschwerde gegen die Einziehung von rund 176 Millionen Euro im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften erfolglos

  • rechtsprechung-im-internet.de

    Art 20 Abs 3 GG, Art 103 Abs 2 GG, § 47 AO 1977, § 228 AO 1977, § 2 Abs 5 StGB
    Nichtannahmebeschluss: Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 73a Abs 1 S 2 StGB bzw gegen Art 316j Nr 1 EGStGB (juris: StGBEG) - Rückbewirkung von Rechtsfolgen ("echte Rückwirkung") durch Art 316j Nr 1 StGBEG ausnahmsweise zulässig (Fortführung von BVerfGE 156, 354) - hier: ...

  • Wolters Kluwer

    Verfassungsbeschwerde gegen die Übergangsvorschrift des Art. 316j Nr. 1 EGStGB; Einziehung von rund 176 Millionen Euro durch die Strafgerichte im Zusammenhang mit sogenannten Cum-Ex-Geschäften; Rückwirkende Anordnung der Anwendung des § 73e Abs. 1 S. 2 StGB; Befriedigung des ...

  • rewis.io

    Nichtannahmebeschluss: Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 73a Abs 1 S 2 StGB bzw gegen Art 316j Nr 1 EGStGB (juris: StGBEG) - Rückbewirkung von Rechtsfolgen ("echte Rückwirkung") durch Art 316j Nr 1 StGBEG ausnahmsweise zulässig (Fortführung von BVerfGE 156, 354) - hier: ...

  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)

    Verfassungsbeschwerde gegen die Übergangsvorschrift des Art. 316j Nr. 1 EGStGB ; Einziehung von rund 176 Millionen Euro durch die Strafgerichte im Zusammenhang mit sogenannten Cum-Ex-Geschäften; Rückwirkende Anordnung der Anwendung des § 73e Abs. 1 S. 2 StGB ; Befriedigung des ...

  • datenbank.nwb.de

    Nichtannahmebeschluss: Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 73a Abs 1 S 2 StGB bzw gegen Art 316j Nr 1 EGStGB (juris: StGBEG) - Rückbewirkung von Rechtsfolgen ("echte Rückwirkung") durch Art 316j Nr 1 StGBEG ausnahmsweise zulässig (Fortführung von BVerfGE 156, 354) - hier: ...

  • WM (via Owlit)(Abodienst, Leitsatz frei)

    Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die Einziehung von rund 176 Millionen Euro im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften

Kurzfassungen/Presse (5)

  • Bundesverfassungsgericht (Pressemitteilung)

    Verfassungsbeschwerde gegen die Einziehung von rund 176 Millionen Euro im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften erfolglos

  • Rechtslupe (Kurzinformation/Zusammenfassung)

    Cum-Ex - und die rückwirkende Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

  • lto.de (Kurzinformation)

    Verfassungsbeschwerde nicht angenommen: Warburg scheitert mit Cum-Ex-Rückforderung

  • tp-presseagentur.de (Kurzinformation)

    Verfassungsbeschwerde gegen die Einziehung von rund 176 Millionen Euro im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften erfolglos

  • juraforum.de (Kurzinformation)

    Cum-Ex-Täter dürfen auch bei Verjährung Taterlöse nicht behalten

Besprechungen u.ä.

Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • NJW 2022, 2251
  • StV 2022, 437
  • WM 2022, 919
 
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Wird zitiert von ... (10)Neu Zitiert selbst (62)

  • BVerfG, 10.02.2021 - 2 BvL 8/19

    Rückwirkende strafrechtliche Vermögensabschöpfung verfassungsgemäß

    Auszug aus BVerfG, 07.04.2022 - 2 BvR 2194/21
    cc) Der Bundesgerichtshof führte weiter aus, Art. 316j EGStGB verstoße nach seiner Auffassung nicht gegen das auch bei der Einziehung zu beachtende verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot, und begründete dies unter Verweis auf den Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Februar 2021 (BVerfGE 156, 354).

    Grundsätzliche Bedeutung kommt der Verfassungsbeschwerde angesichts der Klärung der maßgeblichen Fragen, insbesondere durch den Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Februar 2021 - 2 BvL 8/19 - (BVerfGE 156, 354), nicht zu.

    Daher fallen rein präventive Maßnahmen nicht unter Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 109, 133 ; 134, 33 ; 156, 354 ).

    (2) Die Vermögensabschöpfung, wie sie durch das Reformgesetz vom 13. April 2017 geregelt wurde, ist keine dem Schuldgrundsatz unterliegende Nebenstrafe, sondern eine Maßnahme eigener Art mit kondiktionsähnlichem Charakter, für die das strafrechtliche Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG nicht gilt (vgl. BVerfGE 156, 354 ).

    Es würde den Einzelnen in seiner Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an sein Verhalten oder an ihn betreffende Umstände im Nachhinein ohne Weiteres belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt seines rechtserheblichen Verhaltens galten (vgl. BVerfGE 131, 20 ; 132, 302 ; 135, 1 ; 156, 354 ).

    Für den Bürger bedeutet Rechtssicherheit mithin in erster Linie Vertrauensschutz (vgl. BVerfGE 72, 175 ; 88, 384 ; 105, 48 ; 156, 354 ).

    Nach Maßgabe des Vertrauensschutzgebots - das im Zusammenhang mit dem Gewährleistungsgehalt des in seinem Schutzbereich berührten Grundrechts Wirkung entfaltet - ergeben sich die Grenzen gesetzgeberischer Regelungsbefugnis aus einer Abwägung zwischen dem Gewicht der berührten Vertrauensschutzbelange und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl (vgl. BVerfGE 75, 246 ; 109, 133 ; 128, 326 ; 156, 354 ).

    Dabei erhöht sich die Bedeutung der berührten Vertrauensschutzbelange in Abhängigkeit von der Schwere des Eingriffs in das sachlich betroffene Grundrecht (vgl. BVerfGE 109, 133 ; 128, 326 ; 156, 354 ).

    Demgegenüber ist von einer "unechten" Rückwirkung in Form einer tatbestandlichen Rückanknüpfung auszugehen, wenn die Rechtsfolgen eines Gesetzes erst nach Verkündung der Norm eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfGE 135, 1 ; 148, 217 ; 156, 354 ).

    Er griff damit ersichtlich in abgeschlossene Vorgänge nachträglich ändernd ein (vgl. BVerfGE 156, 354 zu Art. 316h EGStGB).

    (aa) Verfassungsrechtlicher Maßstab für die Zulässigkeit einer Rechtsänderung, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpft und zugleich Rechtsfolgen in die Vergangenheit erstreckt, ist - wegen des Schwergewichts der Regelung auf der Rechtsfolgenseite - vorrangig das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit den von der Rechtsfolgenanordnung berührten Grundrechten (vgl. BVerfGE 72, 200 ; 156, 354 ).

    Eine solche Rückbewirkung von Rechtsfolgen muss sich an den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit messen lassen (vgl. BVerfGE 45, 142 ; 72, 200 ; 156, 354 ).

    In Verbindung mit diesen Grundsätzen sind auch diejenigen Grundrechte zu berücksichtigen, deren Schutzbereich von der nachträglich geänderten Rechtsfolge in belastender Weise betroffen ist (vgl. BVerfGE 72, 200 ; 135, 1 ; 156, 354 ).

    (cc) Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes indes aber nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (vgl. BVerfGE 122, 374 ; 126, 369 ; 135, 1 ; 156, 354 ).

    Bei den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Fallgruppen handelt es sich um Typisierungen ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage (vgl. BVerfGE 72, 200 ; 97, 67 ; 135, 1 ; 156, 354 ).

    Diese Falltypen sind Ausprägungen des Grundgedankens, dass allein zwingende Gründe des gemeinen Wohls oder ein nicht - oder nicht mehr - vorhandenes schutzbedürftiges Vertrauen des Einzelnen eine Durchbrechung des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots zugunsten der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers rechtfertigen oder gar erfordern können (vgl. BVerfGE 72, 200 ; 156, 354 ).

    Die Kategorie der "echten" Rückwirkung - verstanden als zeitliche Rückbewirkung von Rechtsfolgen auf abgeschlossene Tatbestände - findet ihre Rechtfertigung darin, dass mit ihr eine Fallgruppe gekennzeichnet ist, in der der Vertrauensschutz regelmäßig Vorrang hat, weil der in der Vergangenheit liegende Sachverhalt mit dem Eintritt der Rechtsfolge kraft gesetzlicher Anordnung einen Grad der Abgeschlossenheit erreicht hat, über den sich der Gesetzgeber vorbehaltlich besonders schwerwiegender Gründe nicht mehr hinwegsetzen darf (vgl. BVerfGE 127, 1 ; 156, 354 ).

    (dd) Der Vertrauensschutz muss insbesondere zurücktreten, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung erfordern (vgl. BVerfGE 13, 261 ; 18, 429 ; 88, 384 ; 101, 239 ; 122, 374 ; 135, 1 ; 156, 354 ).

    Dieses Ziel ist legitim und überragend wichtig (vgl. BVerfGE 156, 354 ).

    Bezugspunkt der Schutzwürdigkeit des Vertrauens ist demnach nicht die abstrakte Rechtslage, sondern die geänderte Rechtsnorm in ihren sachlichen Bezügen (vgl. BVerfGE 156, 354 ).

    Jede Strafnorm enthält somit ein mit staatlicher Autorität versehenes, sozial-ethisches Unwerturteil über die von ihr pönalisierte Handlungsweise (vgl. BVerfGE 25, 269 ; 156, 354 ).

    (?) Die fortwährende Bemakelung von Vermögenswerten infolge strafrechtswidrigen Erwerbs stellt eine Ausprägung des allgemeinen Prinzips dar, dass das Vertrauen in den Fortbestand unredlich erworbener Rechte grundsätzlich nicht schutzwürdig ist (vgl. BVerfGE 156, 354 ; ebenso Weinbrenner, NStZ 2022, S. 65 ; a. A. Maciejewski, wistra 2020, S. 441 ).

    Diese Betrachtungsweise beansprucht Geltung nicht allein für den Bereich der Organisierten Kriminalität sowie der Delikte ohne unmittelbar Geschädigten, mag die Vermögensabschöpfung für diese Bereiche auch von besonderer Bedeutung sein (vgl. BVerfGE 156, 354 ), sondern für jegliche Erträge aus Straftaten.

    Letztlich nicht schutzwürdig ist in derartigen Fällen nicht nur der bereicherte Straftäter selbst, sondern auch der Drittbereicherte, soweit dieser nicht gutgläubig eigene Dispositionen im Vertrauen auf die Beständigkeit seines Vermögenserwerbs getroffen hat (vgl. BVerfGE 156, 354 ).

    Die wesentlichen Fragen waren bereits durch den Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Februar 2021 - 2 BvL 8/19 - (BVerfGE 156, 354) geklärt.

  • BVerfG, 17.12.2013 - 1 BvL 5/08

    § 43 Abs 18 KAGG wegen Verletzung des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots

    Auszug aus BVerfG, 07.04.2022 - 2 BvR 2194/21
    Für die Vergangenheit hat es der Gesetzgeber dagegen grundsätzlich hinzunehmen, dass die Gerichte das einmal in Kraft getretene Gesetzesrecht in den verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung verbindlich auslegen (vgl. BVerfGE 135, 1 ).

    Es würde den Einzelnen in seiner Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an sein Verhalten oder an ihn betreffende Umstände im Nachhinein ohne Weiteres belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt seines rechtserheblichen Verhaltens galten (vgl. BVerfGE 131, 20 ; 132, 302 ; 135, 1 ; 156, 354 ).

    Demgegenüber ist von einer "unechten" Rückwirkung in Form einer tatbestandlichen Rückanknüpfung auszugehen, wenn die Rechtsfolgen eines Gesetzes erst nach Verkündung der Norm eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfGE 135, 1 ; 148, 217 ; 156, 354 ).

    In Verbindung mit diesen Grundsätzen sind auch diejenigen Grundrechte zu berücksichtigen, deren Schutzbereich von der nachträglich geänderten Rechtsfolge in belastender Weise betroffen ist (vgl. BVerfGE 72, 200 ; 135, 1 ; 156, 354 ).

    Dieses grundsätzliche Verbot der Rückbewirkung von Rechtsfolgen schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (vgl. BVerfGE 132, 302 ; 135, 1 ; 156, 354 ).

    (cc) Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes indes aber nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (vgl. BVerfGE 122, 374 ; 126, 369 ; 135, 1 ; 156, 354 ).

    Es gilt nicht, soweit sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte (vgl. BVerfGE 95, 64 ; 101, 239 ; 122, 374 ) oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage nicht schutzwürdig war (vgl. BVerfGE 50, 177 ; 131, 20 ; 135, 1 ).

    Bei den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Fallgruppen handelt es sich um Typisierungen ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage (vgl. BVerfGE 72, 200 ; 97, 67 ; 135, 1 ; 156, 354 ).

    (dd) Der Vertrauensschutz muss insbesondere zurücktreten, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung erfordern (vgl. BVerfGE 13, 261 ; 18, 429 ; 88, 384 ; 101, 239 ; 122, 374 ; 135, 1 ; 156, 354 ).

  • BVerfG, 14.05.1986 - 2 BvL 2/83

    Einkommensteuerrecht

    Auszug aus BVerfG, 07.04.2022 - 2 BvR 2194/21
    (aa) Verfassungsrechtlicher Maßstab für die Zulässigkeit einer Rechtsänderung, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpft und zugleich Rechtsfolgen in die Vergangenheit erstreckt, ist - wegen des Schwergewichts der Regelung auf der Rechtsfolgenseite - vorrangig das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit den von der Rechtsfolgenanordnung berührten Grundrechten (vgl. BVerfGE 72, 200 ; 156, 354 ).

    Eine solche Rückbewirkung von Rechtsfolgen muss sich an den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit messen lassen (vgl. BVerfGE 45, 142 ; 72, 200 ; 156, 354 ).

    In Verbindung mit diesen Grundsätzen sind auch diejenigen Grundrechte zu berücksichtigen, deren Schutzbereich von der nachträglich geänderten Rechtsfolge in belastender Weise betroffen ist (vgl. BVerfGE 72, 200 ; 135, 1 ; 156, 354 ).

    Bei den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Fallgruppen handelt es sich um Typisierungen ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage (vgl. BVerfGE 72, 200 ; 97, 67 ; 135, 1 ; 156, 354 ).

    Diese Falltypen sind Ausprägungen des Grundgedankens, dass allein zwingende Gründe des gemeinen Wohls oder ein nicht - oder nicht mehr - vorhandenes schutzbedürftiges Vertrauen des Einzelnen eine Durchbrechung des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots zugunsten der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers rechtfertigen oder gar erfordern können (vgl. BVerfGE 72, 200 ; 156, 354 ).

  • BAG, 03.05.2022 - 3 AZR 408/21

    Betriebsrentenanpassung - Überschussbeteiligung

    (2) Eine echte Rückwirkung liegt dagegen vor, wenn es um eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen geht, also die zeitliche Rückbewirkung von Rechtsfolgen auf abgeschlossene Tatbestände (BVerfG 7. April 2022 - 2 BvR 2194/21 - Rn. 81) .

    (b) Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes indes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (vgl. statt vieler BVerfG 7. April 2022 - 2 BvR 2194/21 - Rn. 81; 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 - Rn. 64, BVerfGE 135, 1; 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261) .

    Die Kategorie der "echten" Rückwirkung findet ihre Rechtfertigung darin, dass mit ihr eine Fallgruppe gekennzeichnet ist, in der der Vertrauensschutz regelmäßig Vorrang hat, weil der in der Vergangenheit liegende Sachverhalt mit dem Eintritt der Rechtsfolge kraft gesetzlicher Anordnung einen Grad der Abgeschlossenheit erreicht hat, über den sich der Gesetzgeber vorbehaltlich besonders schwerwiegender Gründe nicht mehr hinwegsetzen darf (vgl. BVerfG 7. April 2022 - 2 BvR 2194/21 - Rn. 81; 10. Februar 2021 - 2 BvL 8/19 - Rn. 142 mwN, BVerfGE 156, 354) .

    Der Vertrauensschutz muss ferner zurücktreten, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung erfordern (vgl. BVerfG 7. April 2022 - 2 BvR 2194/21 - Rn. 82; 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 - aaO) , wenn der Bürger sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durfte (vgl. BVerfG 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 - aaO) oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird (sog. Bagatellvorbehalt; vgl. BVerfG 10. Februar 2021 - 2 BvL 8/19 - Rn. 143 mwN, BVerfGE 156, 354; 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 - aaO) .

  • BVerwG, 29.11.2022 - 8 C 13.21

    Anforderungen an die Heranziehung zur Kreisumlage bei rückwirkender Heilung der

    Es gilt nicht, soweit sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage nicht schutzwürdig war (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1 Rn. 61; Beschluss vom 7. April 2022 - 2 BvR 2194/21 - DVBl. 2022, 1030 Rn. 81 m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 25. November 2020 - 8 C 21.19 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 236 Rn. 16).
  • BGH, 08.08.2022 - 5 StR 372/21

    Meistbegünstigungsprinzip (mildestes Gesetz; strikte Alternativität;

    Die Vermögensabschöpfung, wie sie durch das Reformgesetz vom 13. April 2017 geregelt wurde, ist - wie schon nach den zuvor geltenden Vorschriften zum Verfall (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 13 ff.) - keine dem Schuldgrundsatz unterliegende Nebenstrafe, sondern eine Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) eigener Art mit kondiktionsähnlichem Charakter (BVerfG, Beschluss vom 7. April 2022 - 2 BvR 2194/21, wistra 2022, 243 Rn. 67; Beschluss vom 10. Februar 2021 - 2 BvL 8/19, BVerfGE 156, 354 Rn. 106; BGH, Beschluss vom 22. März 2018 - 3 StR 42/18, NStZ 2018, 400).
  • BVerfG, 04.08.2023 - 2 BvR 54/19

    Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

    Dem entspricht die grundsätzliche Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 60, 175 ; 64, 135 ; 65, 227 ; 86, 133 ; BVerfGK 10, 41 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. April 2022 - 2 BvR 2194/21 -, Rn. 55).

    Nur dann, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass ein Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, ist Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. BVerfGE 25, 137 ; 85, 386 ; 96, 205 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. April 2022 - 2 BvR 2194/21 -, Rn. 55).

  • BVerfG, 05.10.2022 - 1 BvR 856/22

    Abgelehnter Antrag auf Auslagenerstattung nach Erledigungserklärung der

    Aus dem subsidiären Charakter der Verfassungsbeschwerde als außerordentlicher Rechtsbehelf sowie der Kompetenzverteilung zwischen den Fachgerichten und dem Bundesverfassungsgericht folgt aber, dass der Beschwerdeführer über das Erfordernis einer Rechtswegerschöpfung im engeren Sinn hinaus vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde grundsätzlich alle ihm zumutbaren, nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen muss, um den geltend gemachten Verstoß gegen Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte zu verhindern oder dessen Korrektur zu erwirken (vgl. BVerfGE 81, 22 ; 84, 203 ; 95, 163 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 12. November 2021 - 1 BvR 576/19 -, Rn. 8; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. April 2022 - 2 BvR 2194/21 -, Rn. 51; stRspr).

    Diese verlangen bei einer Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs die Vorlage der angegriffenen Entscheidungen, aber auch derjenigen Schriftstücke, ohne deren Kenntnis sich die Berechtigung der geltend gemachten Rügen nicht beurteilen lässt, zumindest aber deren Wiedergabe ihrem wesentlichen Inhalt nach (vgl. BVerfGE 93, 266 ; 129, 269 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. April 2022 - 2 BvR 2194/21 -, Rn. 17; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. April 2022 - 1 BvR 674/22 -, Rn. 17).

  • BSG, 31.03.2022 - B 5 R 17/21 R

    Erstattungsanspruch eines Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegen

    Der Gesetzgeber hat damit dem Grundsatz der Gewaltenteilung (vgl Art. 20 Abs. 2 GG) Rechnung getragen, dass es Aufgabe der Gerichte ist, das einmal in Kraft getretene Gesetzesrecht verbindlich auszulegen, und dass deren Entscheidungen für die Vergangenheit grundsätzlich hinzunehmen sind (vgl BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1 RdNr 45 ff, 52; BVerfG Beschluss vom 7.4.2022 - 2 BvR 2194/21 - juris RdNr 69) .
  • BayObLG, 27.10.2023 - 204 StRR 394/23

    Auswirkungen des Entfalls der Einziehungsanordnung auf die Kostenentscheidung

    Zudem darf hierbei nicht außer Acht gelassen werden, dass die Einziehung einen anderen Charakter als der Schuld- und Strafausspruch aufweist, da es sich hierbei um keine dem Schuldgrundsatz unterliegende Nebenstrafe, sondern eine Maßnahme eigener Art mit kondiktionsähnlichem Charakter handelt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 07.04.2022 - 2 BvR 2194/21 -, StV 2022, 437, juris Rn. 67).
  • LSG Nordrhein-Westfalen, 18.01.2023 - L 10 KR 173/22
    Zu unterscheiden sind dabei Gesetze mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind, und solche mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig sind (dazu sowie zum Folgenden vgl BVerfG, Beschluss vom 12.11.2015 - 1 BvR 2961/14 ua, amtl Rn 40 ff; Beschluss vom 30.06.2020 - 1 BvR 1679/17 ua, amtl Rn 128 ff; Beschluss vom 07.04.2022 - 2 BvR 2194/21, amtl Rn 75; jeweils mwN) .
  • BVerfG, 05.04.2023 - 2 BvR 2250/22

    Unbegründeter Antrag auf Auslagenerstattung nach Erledigung der wegen des

    Aus dem subsidiären Charakter der Verfassungsbeschwerde als außerordentlicher Rechtsbehelf sowie der Kompetenzverteilung zwischen den Fachgerichten und dem Bundesverfassungsgericht folgt aber, dass der Beschwerdeführer über das Erfordernis einer Rechtswegerschöpfung im engeren Sinn hinaus vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde grundsätzlich alle ihm zumutbaren, nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen muss, um den geltend gemachten Verstoß gegen Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte zu verhindern oder dessen Korrektur zu erwirken (vgl. BVerfGE 81, 22 ; 84, 203 ; 95, 163 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 12. November 2021 - 1 BvR 576/19 -, Rn. 8; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. April 2022 - 2 BvR 2194/21 -, Rn. 51; stRspr).
  • FG Hamburg, 24.11.2022 - 6 K 68/21

    Vorlage an das BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der Rückwirkung von Neuregelungen

    Aus dem Nichtannahmebeschluss vom 7. April 2022 (2 BvR 2194/21, juris) folgt kein anderes Ergebnis.
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